Rascher Richtungswechsel

CATO 5/2024

Der EU-Wahl wird traditionell in Österreich wenig Beachtung geschenkt. Brüssel ist weit und man geht, dem alpenländischen Naturell getreu, gerne einen Sonderweg. Stichwort: Neutralität. Die Aktivitäten der EU, speziell der Von-der-Leyen-Kommission, verschlechterten deren Image in der ohnedies mehrheitlich skeptisch eingestellten österreichischen Bevölkerung weiter. Und man hat die EU-Sanktionen des Jahres 2000 wegen der Regierungsbeteiligung der FPÖ nicht vergessen.

In Lichte dessen ist es geradezu eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die EU-Wahl eine Trendwende in der heimischen Politik brachte: Erstmals bei einer bundesweiten Wahl trug die rechtspopulistische FPÖ den Sieg davon und wurde stimmenstärkste Partei. Auffallend dabei war eine massive Abwanderung konservativer Wähler zur FPÖ.

Von besonderem Interesse ist dieses Wahlergebnis auch national, weil im Oktober Parlamentswahlen bevorstehen. Aktuelle Meinungsumfragen sehen dabei wiederum die FPÖ vorne, und zwar mit großem Abstand auf die Christlichsozialen und die Sozialdemokraten. Dies brachte die Parteistrategen offenbar auf Trab. Seither rauchen die Köpfe, wie man doch noch bei den Wählern reüssieren könnte. Die Verdammung und Ausgrenzung der FPÖ und ihres Obmanns Herbert Kickl fruchtete offenbar nicht, ganz im Gegenteil. Also wechselte man abrupt die Strategie.

Es ist recht auffallend, dass sich seit der EU-Wahl beide Parteien in Vorschlägen hinsichtlich der Migrationspolitik übertreffen. Die ÖVP, die bei der EU-Wahl gleich zehn Prozentpunkte verlor und die angeblich die Fluchtrouten geschlossen hatte, will nun härter gegen illegale Migration vorgehen. Immerhin verzeichnete man im vergangenen Jahr einen Rekord an Migranten, der heuer wohl noch übertroffen werden wird. Und auch die SPÖ vollzog eine Kehrtwende: Ausgerechnet ihr weit links stehender Obmann Andreas Babler, im Zivilberuf Bürgermeister einer Gemeinde, in der sich Österreichs größtes Asylwerber-Zentrum befindet und der stets als deren Anwalt auftrat, vollzog sie.

Beigetragen zu diesem Schwenk und der härteren Gangart haben wohl die sich häufenden Berichte über illegale Migration und Ausländer-Kriminalität. Vor allem in Wien spitzt sich die Lage immer mehr zu. Lange, zu lange wähnte man sich auf einer Insel der Seligen. Parallelgesellschaften, No-go-Areas, Migrantenviertel, in die sich die Polizei nicht mehr wagt – das gibt es in Paris oder Berlin, aber doch nicht in Wien! So lautete das Mantra der Stadtregierung. Hier funktioniere das Miteinander, wer anderes behaupte, sei ein übler Hetzer und spiele der FPÖ in die Hände. Diese Erzählung ist nicht mehr haltbar, spätestens seit Österreich weltweit Aufmerksamkeit erregt hat durch seine hohe Zahl an Femiziden. Nun häufen sich die Berichte über den ehemaligen Arbeiterbezirk Favoriten, in dem sich die Menschen abends und nachts nicht mehr vor die Tür wagen, in dem offen mit Drogen gehandelt wird und Massenschlägereien und Messerstechereien Alltag geworden sind. Selbst Polizisten werden vermehrt Opfer.

Ob die strategische Volte die Wähler überzeugen wird, wird der Wahltag zeigen.

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Wer schlecht regiert, wird abgestraft

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