Die österreichische G'sellschaft

Satirische Einblicke und Ausblicke
Mit Zeichnungen von Markus Szyszkowitz

 

Seifert Verlag, ISBN 3-85002-577-2
September 2006, 262 Seiten
Illustrator: Markus Szyszkowitz


Inhalt

Mit beißendem Humor und treffender Ironie führt uns Gudula Walterskirchen auf einen Streifzug durch die österreichische Gesellschaft: in die Welt des"Hacklers", des sozialdemokratischen Arbeiters, in der selbst das Autofahren und Briefmarkensammeln parteipolitisch sind; in die elitäre Welt des abgeschafften Adels, dem vor allem das Pflegen seines Stammbaums Freude macht; in die Welt der"aussterbenden"Bauern und in die des Bürgertums, das sich dem besonders österreichischen Motto "Nur net anstreifen"verschrieben hat. Die Autorin berichtet von" Tschuschen, Türken und anderen Österreichern"und sie schildert die traditionelle Fehde zwischen"g'scherten"Stadtbewohnern und Provinzlern, der Bundeshauptstadt Wien und den Bundesländern.

 

 

Rezensionen

 

[...] Die Dialogszenen, die den Text regelmäßig unterbrechen, erreichen bisweilen Nestroy'sches Niveau. Vom (abgeschafften) österreichischen Aristokraten bis zum Strizzi am Würstelstand versteht es die Autorin, de Ton zu treffen und so zuzuspitzen, dass die Karikatur zum treffenden Konterfei einer Gesellschaftsschicht gerät. Man könnte diese Szenen aufführen: Das Kabarett wäre durchaus gelungen.

Peter Pawlowsky, Die Furche

 
 

Walterskirchen: Die österreichische G‘sellschaft
Für immer eine Insel?

Von David Axmann

Über Österreich ist alles schon gesagt. Die geistigen Fundamente dieses Landes, die moralischen Maximen seiner Einwohner, die Psychologie der österreichischen Weltanschauung, die Neurosen und Perversionen der österreichischen Seele – das alles ist uns altvertraut, davon kann uns keiner was Neues erzählen. Von Nestroy bis Karl Kraus, von Grillparzer bis Musil, von Hofmannsthal bis Thomas Bernhard haben die scharfsichtigsten Dichter die vielfältigen Erscheinungsformen der österreichischen Quintessenz beschrieben.

Auch die Schriftsteller der zweiten und dritten Leistungsklasse ließen es sich angelegen sein, dem "Homo Austriacus" auf den Grund zu gehen; so verdanken wir etwa Helmut Qualtinger, Hans Weigel oder Jörg Mauthe aufschlussreiche Einsichten in die immerwährenden Wahrheiten, auf denen Österreich beruht, und die von tadellos funktionierenden Legenden kaum zu unterscheiden sind.

Selbstverständlich muss jede junge Generation, aufgewachsen mit unzähligen, teils satirisch aufgeklärten, teils nostalgisch verzerrten Österreich-Bildern, ihr Heimatland aufs Neue entdecken und vermessen. Ebenso selbstverständlich müssen alle jungen Entdeckungs- und Vermessungsergebnisse damit rechnen, mit den alten Vorbildern verglichen zu werden.

Gudula Walterskirchens Buch schneidet bei solch einem Vergleich sehr gut ab. Ihre Absicht, "einen kritischen, aber dennoch liebevoll-ironischen Blick auf den österreichischen Menschen" zu werfen, wird geschickt und gewitzt eingelöst; ihr Plan, leichter Hand und heiteren Gemüts einen soziologischen Querschnitt durch "die österreichische G‘sellschaft" zu machen, geht auf wie ein Germteig. Die Autorin, fachlich beschlagen und sprachlich begabt, legt in vielen kurzen Kapiteln, deren Inhalte häufig durch dialogische oder mehrstimmige Szenen humoristisch verdeutlicht werden, Schicht um Schicht frei: den Adel und seine Aktivitäten zur Arterhaltung; das Bürgertum und seinen Hang zum Eigenheim; das aussterbende Bauern- und das angeschlagene "Hackler"-tum; die Statussymbole des TAN (= des "traditionslosen Arbeitnehmers" ), das Lebensglück der Beamten und den Lebensabend der Pensionisten.

Außerdem wirft die G‘sellschaftsanalytikerin nachsichtige Blicke auf die Methoden der Politiker, die Moden der Künstler, die Marotten der Intellektuellen, auf des Österreichers Verhältnis zu "Tschuschen", "Kümmeltürken", "Piefkes" und anderen Ausländern, wagt abschließend einen Ausblick auf die "Alpenrepublik in hundertfünfzig Jahren", welche (wie sie glaubt) "immer noch eine Insel der Seligen sein wird" . Und zweifellos wird es auch dann noch Insulaner geben, die ihre Seligkeit kritisch, aber dennoch liebevoll-ironisch betrachten. Gudula Walterskirchen: Die österreichische G‘sellschaft. Einblicke und Ausblicke. Mit Zeichnungen von Markus Szyszkowitz.

Wiener Zeitung, 11. November, 2006

 
 

Adelige, Bürger
und die TANs

VON OLIVER PINK


Österreich ist ein Labyrinth, in dem sich jeder auskennt. Da hätten wir einmal das Reservat des Adels. Für die Damen dieser Kaste gilt: Der Familienschmuck wird nicht getragen - das wäre unvornehm -, er bleibt im Safe und ruht dort, bis er vererbt wird. Von den Herren wird erwartet: Der Anzug soll stets wirken wie ein Erbstück. Schließlich will man ja nicht wie aussehen wie der Finanzminister.
Dann das Bürgertum: Es führt ein Leben aus zweiter Hand. Man erlebt nicht, sondern hört und liest darüber. Den TV-Apparat versteckt man gerne im Schrank. In diesen Kreisen hat der Familienschmuck ein Mal im Jahr Ausgang: beim Philharmonikerball.
Und dann hätten wir da noch den TAN - den traditionslosen Arbeitnehmer. Mit seiner Vorliebe für Sushi, DVDs und sündteuren Rotwein.

All diese Beobachtungen stammen - leider - nicht von mir. Satz eins geht an Helmut Qualtinger. Den Rest hat Gudula Walterskirchen ausgeheckt. In ihrem neuen Buch "Die österreichische G'sellschaft" (Amalthea-Verlag) karikiert sie ebendiese augenzwinkernd. "Es gibt vieles, was die Österreicher trennt, der Gartenzaun, die Sprache oder das Parteibuch", analysiert sie, doch in ihrer Leidenschaft fürs Skifahren, für Würstelstände und Heurige seien alle gleich.


Die Presse,
20. September, 2006

 
 
Zurück
Zurück

Der Franzi war ein wenig unartig

Weiter
Weiter

Starhemberg